Technikelement Atmung
Die Atmung erfüllt beim Schießen
3 wesentliche Aufgaben:
1. Betrieb der
Körperfunktionen:
Durch die Atmung wird der Körper mit Sauerstoff (O2
) versorgt, was für den leistungsfähigen Betrieb von Augen,
Muskeln, Gehirn etc. absolut notwendig ist. Eine
Sauerstoff-Unterversorgung führt,
schon ohne subjektives
Empfinden, zu Fehlleistungen. (z.B. meldet das
Auge ein ungenaues Zielbild oder eines, das längst nicht mehr
aktuell
ist; es kommt beim Abziehen zu irgendwelchen Muskelreflexen.)
Der Sauerstoff gelangt über die eingeatmete Luft in die
Lungen. Dort findet ein Gasaustausch statt. Das Blut gibt C02
an die Atemluft ab, während es den Sauerstoff aus der Luft
aufnimmt und in die Körperzellen transportiert. Je nach
Tätigkeit verbrennen die Körperzellen mehr ( bei körperlicher
Anstrengung, starker Konzentration, psych. Belastung) oder
weniger O2 . Also hat auch ein Schütze einen beträchtlichen
O2 Bedarf. Diesem Bedarf passt sich die Atmung durch
automatische Regelmechanismen an (schnellere Brustatmung).
Es
gibt 2 Atmungsarten:
Zum einen die Brustatmung, die durch Anheben des
Brustkorbes funktioniert und schnelleres, tieferes Atmen
ermöglicht; zum anderen die Bauchatmung, die durch Absinken
des Zwerchfelles eine Wölbung des Bauches nach vorne und damit
die Einatmung bewirkt. Im täglichen Leben tritt meist eine
Mischform der beiden Atmungsarten auf. Für den Schützen ist es
wichtig zu wissen, dass Bauchatmung die Erregung dämpft und
Brustatmung die Körperfunktionen aktiviert.
Anforderungen
an die Atmung im Schießsport:
Aufgrund körperlicher Anstrengung, starker Erregung,
Konzentration, psychische Belastung, klimatischer Verhältnisse
und Atempause während des Zielens, hat der Schütze einen
erhöhten O2 - Bedarf. Die O2 - Aufnahmefähigkeit des
Körpers ist von seinem Ausdauertrainingszustand abhängig; die
läßt sich durch Ausdauertraining verdrei- bis vervierfachen.
D.h. der Untrainierte gerät schon viel früher an die Grenzen
seiner Leistungsfähigkeit und muss schon früher mit
Fehlleistungen aufgrund O2 -Mangel rechnen als ein
Trainierter. Dieser Sauerstoffmangel wird dem Schützen meist
gar nicht bewusst.
Die Konsequenz daraus lautet: Eine gute
allgemeine Ausdauer erwerben
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2. Die
Atemtechnik
Eine genauere gesteuerte Atemtechnik ist Bestandteil des
Schussablaufes. Durch einen guten Atemrhythmus werden Halten,
Zielen und die Schussabgabe vorbereitet sowie eine optimale
Sauerstoffversorgung gewährleistet. Zwischen den Schüssen muss
die Atmung genauso präzise, gleichmäßig und dennoch
situationsorientiert ablaufen, um den Körper zu regenerieren.
Die ideale Atemtechnik muss erlernt, trainiert und damit
automatisiert werden, damit sie im Wettkampf verfügbar ist.
Der ideale Atemrhythmus:
Vor dem Einsetzen der Waffe wird normal geatmet; es
dominiert die Bauchatmung
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Einsetzen |
Beim Einsetzen wird tief eingeatmet (Brustatmung
überwiegt), um bereits O2 Vorrat für die Atempause
anzulegen
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Vorbereitung
Halte - u.Zielvorgang
Nullpunktkontrolle
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Die Atmung wird Zug um Zug
flacher und immer mehr über den Bauch betrieben.
Die Anzahl der Atemzüge
bis zum Beginn des Zielvorgangs ist individuell
verschieden, sollte jedoch nicht unter 3 liegen. Die
natürliche Atempause von 1-2 Sek. am Ende der
Ausatemphase bleibt bestehen. Während der Atemphase wird
auf die richtige Muskelentspannung geachtet und der
Nullpunkt kontrolliert, wobei notwendige Feinkorrekturen
die Atemphase verlängern.
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Übergang
zum
Zielen
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Der Übergang zur
Atempausen und damit zum Zielen muss möglichst weich
sein, um die Bewegung der Waffe optimal zu dämpfen. Er
darf erst erfolgen, wenn das Korn beim Atmen auf der
Nullpunktslinie durch die Mitte des Spiegels läuft.
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Atempause
Zielen
Nachzielen
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Zielen, Abziehen und
Nachzielen laufen in der Atempause ab. Diese darf max.10
Sekunden betragen, da es sonst zu Fehlhandlungen
aufgrund von O2-Mangel kommt. Spürt der Schütze einen
Atemmangel, wurde die Atempause bereits weit überzogen.
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Erholung
Vorbereitung
nächster
Schuss
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Die folgenden Atemzüge
werden tiefer sein (Brustatmung) um den O2-Haushalt
auszugleichen. Ist dies geschehen, geht mann zur
beruhigenderen Bauchatmung über und bereitet den
nächsten Schuss vor.
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Beim
Ausatmen sollte stets darauf geachtet werden, dass bis zur
völligen Entspannung der Atemmuskeln ausgeatmet wird.
Zielfehler, Abzugsprobleme,
Muskelreflexe und psychische Verkrampfungen haben ihre
eigentliche Ursache meist in O2 -Defiziten. Bei großen
Anstrengungen, Erregung und schwierigen klimatischen
Verhältnissen treten diese Störungen aufgrund des höheren
Sauerstoffverbrauches bereits früher auf
Die Konsequenzen lauten: |
Die im Wettkampf zur
Verfügung stehende Zielzeit ist kürzer als im Training.
Der Schütze zielt im Wettkampf jedoch meist länger, weil
er es besonders gut machen will. |
Kurze Zielzeiten
trainieren
Gute Atemtechnik
erlernen, um gute
O2-Versorgung zu erzielen
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3.
Psychoregulation
Psychische Belastungen führen zu einer Veränderung der Atmung,
aber umgekehrt kann man durch eine bewusste Änderung des
Atemverhaltens die Psyche beeinflussen.
Mit
Hilfe der Atmung ist der Schütze also in der Lage sein
psychisches Wohlbefinden zu steuern. Wer gleichmäßig und ruhig
über den Bauch atmet, wird die beruhigende Kraft der Atmung in
Form von psychischem Wohlbefinden und Entspannung erleben.
Hektische, flaches, "maikäferartiges Pumpen" erzeugt oder
vermehrt Unruhe und Nervosität
In der
Wettkampferregung wird häufig zu hastig und über die Brust
geatmet. Damit lässt sich keine Beruhigung erzielen. So wie
der Erregungszustand die Atmung steuert, so kann der Schütze
über eine bewusste Atmung seine Erregung steuern. Bewusst
angewandte Bauchatmung dämpft die Erregung, während
Brustatmung aktivierend wirkt
Damit wird die Atmung
zu einen Schlüsselelement für den Wettkampferfolg.
Merke:
Bauchatmung Dämpft
Brustatmung Aktiviert
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Die
Fähigkeit seine Erregungszustände mit Hilfe der Atmung zu
regulieren, muss durch regelmäßiges Training erworben werden.
Dies geschieht durch möglichst täglich durchgeführte
Atemübungen. Damit kann der Schütze vor, während oder in den
Pausen des Wettkampfes auf sein Erlerntes und durch Training
automatisiertes Repertoire zurückgreifen, um seine Erregung in
die gewünschten Bahnen zu leiten
Atemübungen:
a) Atmung
beobachten (im Sitzen),beruhigend |
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- Wie atme ich in Ruhe?
Ein- u. Ausströmen der Luft beobachten
- Bauchatmung?
Brustatmung?
- Welche Muskelan- und
entspannungen treten auf?
- Beobachte den kurzen
Atemstillstand am Ende der Ausatemphase! |
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b) Bauchatmung erlernen;
beruhigend |
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- Im entspannten Sitz
ausschließlich über den Bauch atmen.
- auf völlig entspannte
Haltung achten
- Beobachte die Wölbung
der Bauchdecke!
- Hand auf den Bauch legen
- Bewegung beobachten; kurze Pause
beobachten
- Atmung wird gedanklich
mitgesprochen: "Ein" "Aus" "Ruhe" |
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c) Brustatmung;
aktivierend |
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- Atme bewusst über den
Brustkorb
- dabei aufrechte Haltung
einnehmen; selbstbewusste, entschlossene optimistische,
zuversichtliche Haltung und Gesichtsausdruck |
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d) Atementspannung nach
Kassettenprogramm |
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- anfangs
Cassettenprogramm durchmachen
- später auf dieser Basis
eigenes Atemprogramm durchführen |
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e) Atemverhalten in
verschiedenen Lebenssituationen bewusst wahrnehmen |
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- Erkennen des eigenen
Atemverhaltens vor allem in Stresssituationen (vor +
während des Wettkampfes, Prüfungen
etc; bei Freude, Trauer,
Erregung, im Sitzen, beim Essen...).
Dies ist Voraussetzung für
eine bewusste Steuerung. Meist liegt die Schwierigkeit
darin, dass ein falsches
Atemverhalten in der
Hektik des Wettkampfes nicht erkannt wird. |
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f) Atemverhalten bewusst
steuern |
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- im täglichen Leben
situationsgerecht aktivieren oder dämpfen
- im Schießtraining
bewusst Bauch- bzw. Brustatmung einsetzen.
- vor und während des
Wettkampfes
- Konzentration im
Schießtraining und Wettkampf auf den Ablauf
der Atmung. Damit haben "üble" Gedanken
keinen Platz mehr
- Bei Erkennen von
hektischer und flacher Brustatmung in Stresssituationen
sofort gegensteuern. Der Atemrhythmus wird dann
langsamer und stabiler, die Pulsfrequenz sinkt und das
Wohlbefinden steigt. |
Wer glaubt, dass die Kenntnis
des Sachverhaltes alleine ausreicht, der irrt.
Das Gelingen der
Psychoregulation mit Hilfe der Atmung hängt von der
Übungshäufigkeit in vielfältigen Situationen ab |