Technikelement Einrichten
Was
versteht man unter dem Begriff "Einrichten"?
Mit diesem Begriff sind
mehrere nacheinander ablaufende Vorgänge zusammengefaßt.
Leider wird dies in der Praxis von Trainern und Schützen zu
wenig beachtet. Es geht hier um die folgenden Elemente:
1.
Aufbauen des Anschlages ohne und danach mit Waffe
2. Feststellung des momentanen
Nullpunktes
(Wo ist er?)
3. Ausrichtung des Nullpunktes
auf das Ziel
4. Kontrolle des ausgerichteten Nullpunktes
5. Feinkorrektur des Nullpunktes
Was
versteht man unter dem Nullpunkt?
Der Nullpunkt ist der
Punkt, auf den die Visierung zeigt, wenn alle Muskelspannungen
im Körper optimal eingestellt sind, d.h. ein optimaler äußerer
und innerer Anschlag aufgebaut wurde.
Im
Liegendanschlag
wird der Nullpunkt unter größtmöglicher Muskelentspannung
erreicht.
Beim
Stehendanschlag
stabilisiert eine optimale Rumpf- und
Oberschenkelmuskelspannung den äußeren Anschlag und macht erst
eine Ausrichtung auf das Ziel möglich.
Im
Kniendanschlag ist
eine gewisse Grundspannung im Oberschenkel notwendig, um das
linke Bein (Rechtsschütze) zu stabilisieren.
1. Aufbau des Anschlages
Zunächst baut der Schütze
seinen äußeren Anschlag
ohne Waffe grob auf. Dabei spielt die Stellung für
das
prinzipielle Vorgehen keine
Rolle. Alle Körperteile und Hilfsmittel werden so positioniert
wie aus Erfahrung bekannt. Es folgt ein simulierter Anschlag
ohne Waffe, bei dem das Ziel über die "Maus" der Stützhand
grob anvisiert wird, bzw. der Körper in seiner Lage dafür grob
nachkorrigiert wird.
Nun wird
die
Waffe dazugenommen.
Der Blick durchs Diopter
ist dabei zunächst uninteressant. Zuerst muß der
äußere und innere Anschlag unabhängig vom Zielbild aufgebaut
werden. Die Aufmerksamkeit gilt den Spannungsverhältnissen der
Muskulatur (bes. li. Arm und re. Schulter) sowie der
Riemenspannung und der richtigen Position der einzelnen
Körperteile. Erst wenn dies zufriedenstellend gelungen ist,
erfolgen Kontrollblicke durch den Diopter. Die Visierung zeigt
dann auf den Nullpunkt
des Anschlages.
2.
Feststellung des Nullpunktes:
Zur Feststellung des
Nullpunktes bedarf es 3-4 Anschläge nach dem folgenden Muster:
In Anschlag gehen ohne
durch den Diopter zu schauen ==> Atmen und sich dabei auf die
Entspannung der nicht benötigten Muskulatur konzentrieren,
also die optimale Muskelspannung einstellen ==> Blick durch
Diopter.
3.
Ausrichtung des Nullpunktes auf das Ziel
Entsprechend dem Ausgang
der obigen Übung wird der Anschlag gedreht, die Schaftkappe
verändert oder. ev. Riemenlänge und Riemenhalter verändert,
wobei man berücksichtigen muß, daß sich damit die Druck- und
Spannungsverhältnisse des Anschlages verändern. Gerade dies
sollte jedoch zuvor beim Aufbauen des Anschlages bereits
weitgehend eingestellt worden sein. Man sollte daher reine
Nullpunktsveränderungen möglichst an solchen Stellen
vornehmen, an denen die Druck- und Spannungsverhältnisse des
Anschlages nicht verändert werden (z.B. Schaftkappe, Drehen
des gesamten Anschlages ...).
Je besser ein Schütze
seinen Inneren und Äußeren Anschlag trainiert hat, desto näher
werden seine grob festgestellten Nullpunkte beieinander
liegen. Erst wenn die Nullpunkte bei 3-4 aufeinanderfolgenden
Anschlägen in hinreichender Nähe des Scheibenmittelpunktes
liegen, kann die grobe Einrichtung des Anschlages als
abgeschlossen betrachtet werden. Systematische
Nullpunktabweichungen fordern auch systematische Korrekturen.
Keinesfalls
darf die Abweichung zwischen Nullpunkt und Scheibenmittelpunkt
durch Korrekturspannungen
ausgeglichen werden. Damit wird (meist unbewußt) aktive
Muskelspannung eingesetzt, um die Waffe auf das Zentrum zu
halten. Die Folge sind größere Schwankungen und unerwünschte
Reaktionen der Waffe bei der Schußabgabe, weil sich die
Korrekturspannung bei der Schußauslösung auflöst. Die
Korrekturspannungen sind im Training oftmals unter Kontrolle
zu halten, im Wettkampf, unter nervlicher Anspannung, lassen
sich diese Muskelspannungen dann allerdings nicht mehr
kontrollieren. Die Mehrzahl der Ausreißer haben ihre
eigentliche Ursache in Korrekturspannungen.
4.
Nullpunktkontrolle
Der Schütze muß seinen
ausgerichteten Nullpunkt kontrollieren und geht am besten nach
folgender Übung vor:
Nullpunktkontrolle trocken:
Ablauf zunächst wie bei
jedem Schuß => mit Beginn des Zielvorganges Blick abblenden =>
Konzentration auf idealen Inneren Anschlag, Schulter und
Stützarm entspannen => nach 4-6 Sek. Blick durchs Diopter =>
zeigt die Visierung noch in die Mitte?
Nullpunktkontrolle scharf
1. Beobachtung des
Zielbildes nach dem Schuß. Wenn der Nullpunkt im Zentrum war,
kommt das Korn nach der Schußabgabe wieder in die Mitte
zurück. Zeigen sich Abweichungen, so rühren sie wahrscheinlich
von
Korrekturspannungen, die sich mit der Schußabgabe gelöst
haben.
2. Einrichtungskontrolle
auf die weiße Scheibe:
- zu Beginn der
Zielphase den Blick abblenden => Konzentration Innerer
Anschlag mit Entspannung der nicht benötigten Muskulatur =>
nach 3-5 Sek. abziehen (lg-Anschlag)
- normale Zielphase
ohne Haltepunkt. Dort wo die Waffe ruhig steht, bzw. dort wo
die Ruhephase liegt wird abgezogen (st, kn-Anschlag)
Die
Lager der Schußbilder geben Aufschluß über den Nullpunkt.
3. Kontrolle lg-Anschlag
auf schwarze Scheibe:
Nach 1-2 Sek. Zielzeit
wird der Blick abgeblendet und die Konzentration auf die
Entspannung der Muskulatur und auf gutes Abziehen gelegt. Das
Schußbild zeigt den Nullpunkt.
Nullpunktkontrolle durch den
Trainer (trocken)
Im Anschlag wird der
Schütze aufgefordert seinen Blick abzublenden, seine Schultern
und seinen Stützarm zu entspannen und ruhig über den Bauch
weiterzuatmen. Nach einigen Atemzügen ist die überflüssige
Spannung weg und die Visierung zeigt auf den wahren Nullpunkt
dieses Anschlages. Ist der Blick durch die Visierung noch
möglich?
Durch Auflegen der Hand
auf die zu entspannenden Körperpartien wird der
Entspannungseffekt verbessert.
5.
Feinjustierung des Nullpunktes
Da der Nullpunkt von
Anschlag zu Anschlag durch das Einsetzen (Kappe in Schulter,
Stützellbogen in Hüfte, Setzen des re. Ellbogens etc.) neu
festgelegt wird, und sich u.U. auch während des Anschlages
(Dehnen des Riemens, Rutschen der Jacke) verändert, muß vor
Beginn jedes Zielvorganges der aktuelle Nullpunkt bestimmt,
und dieser durch Feinkorrekturen optimal ausgerichtet werden.
Wer glaubt darauf verzichten zu können, der wird seinen
Nullpunkt immer wieder mit Hilfe von Korrekturspannungen in
Zentrum bringen, und daran keine dauerhafte Freude haben. Ohne
die Fähigkeit eines guten "Feintunings" von Schuß zu Schuß
lassen sich keine dauerhaft hohen Resultate unter nervlicher
Anspannung erzielen. Die Feinkorrekturen werden umso kleiner
ausfallen, je besser der Innere Anschlag trainiert ist. Diese
Feinkorrekturen sind bei
jedem Schuß von Neuem notwendig.
Feinkorrekturen des
Nullpunktes erfolgen durch:
-
Rechts - links Korrektur
durch Vor und Zurücknehmen des
Ellbogens
der
Abzugshand im lg-Anschlag.
-
Hoch - tief Korrektur im
lg-Anschlag durch die Atmung
- Korrigierte Positionierung des
Stützellbogens im st-Anschlag
(re-li
Korrektur)
-
Position der Stützhand im
st-Anschlag (hoch-tief Korrektur)
Nullpunktkontrolle von Schuß
zu Schuß:
In Anschlag gehen => die
optimale Muskelspannung aufbauen, Innerer Anschlag =>
Kontrollblicke durch den Diopter => Feinkorrektur des
Nullpunktes => Übergang Atmung - Zielen usw. Wenn mehr als 1
Korrektur nötig, dann absetzen.
Vor dem
Zielvorgang sind mindestens 2 Atemzüge mit feinjustiertem
Nullpunkt zu machen, wobei das Korn auf einer exakten Linie
von unten durch die Scheibenmitte läuft. Beim Übergang Atmen -
Zielen wird durch langsames Ausatmen beim letzten Atemzug ein
weicher Übergang erreicht.
6.
Veränderungen des Nullpunktes
Es
können auch einmal gröbere Korrekturen des Nullpunktes
notwendig werden, weil sich der Anschlag unbemerkt verändert
hat. Dies läßt sich nur durch konsequente Kontrollen
feststellen. Folgende Veränderungen sind möglich:
Durch
Wettkampferregung
tritt eine Erhöhung der Muskelspannung auf, die sich im Laufe
des Wettkampfes mehrfach verändern kann. Damit ist auch
jeweils eine Veränderung des Nullpunktes verbunden. Wer im
Eifer des Gefechtes seine Nullpunktkontrolle vergißt, wird
sich über veränderte Treffpunktlagen wundern.
Dieser Effekt tritt vor allem
dann auf, wenn sich die erste Wettkampferregung gelegt hat und
der Muskeltonus wieder niedriger ist.
Abhilfe:
Training der
progressiven Muskelentspannung; diese Fähigkeit ist eine
Voraussetzung für eine sinnvolle Nullpunktkontrolle.
Veränderungen durch die
Erwärmung von Muskeln und Sehnen sowie durch Rutschen der
Schießjacke oder Dehnung des Schießriemens.
Abhilfe: Ausreichende Anzahl von
Trockenanschlägen vor dem Probeschießen, damit diese Effekte
bereits bei den Trockenanschlägen auftreten und dort noch
unter Kontrolle gebracht werden können. Wenn der scharfe Schuß
im „Rohr“ ist, wird dies schwieriger und die Gefahr von
negativen Auswirkungen größer.
Entstehende und
zunehmende Schmerzen beim lg- und kn-Anschlag führen zu
unbemerkten Muskelanspannungen im Sinne eines
Schutzmechanismus. Die Nullpunktkontrolle wird wegen der
Schmerzen nicht mehr oder nur unwirksam gemacht.
Abhilfe:
Gute spezielle Kondition erwerben
Bei Schmerzen aufstehen
Veränderungen
des Anschlages: z.B. Stellung der Fußspitze im
st-Anschlag
Abhilfe:
Nullpunktkontrolle und Korrektur am Anschlag |