Nachzielen
Vielfach wird dieses
Technikelement auch als Nachhalten bezeichnet. Ich möchte mich
ausdrücklich auf „Nachzielen“
festlegen, da es sich um einen Ziel- und weniger um einen
Haltevorgang handelt. Viele
Schützen sind sich über die Bedeutung der Nachzielens im
Klaren, vernachlässigen es aber trotzdem. Vor allem in der
heißen Phase des Wettkampfes wird selten beobachtet, ob das
Ringkorn nach dem Springen
der
Waffe wieder in die Nullstellung zurückkehrt und wie die
Mündung gezeichnet hat.
Warum sollte ein Schütze nachzielen?
1.) Der Schuß wird nur dann
dort einschlagen wo man abgekommen ist, wenn die Muskulatur
(außer die des Abzugsfingers) während des Abziehens und der
Schußentwicklung völlig unbewegt bleibt. Diese Aufgabe läßt
sich leichter erfüllen, wenn die Muskulatur darauf eingestellt
wird, ihren Spannungszustand über den Abzugsvorgang hinaus
beizubehalten, d.h. wenn der Schütze nachzielt.
2.) Die Schussentwicklung
muss beobachtet werden, weil sie wichtige Rückschlüsse auf den
Schuß zuläßt. Dies ist nur durch Nachzielen möglich.
Beim LG darf sich
eigentlich nichts bewegen, während beim KK das Springen der
Waffe möglichst gleichmäßig, senkrecht und mit kleiner
Amplitude verlaufen soll. Mit Kenntnis der Mündungsbewegung
bei der Schußabgabe läßt sich der Schuß analysieren. Treten
hierbei Unregelmäßigkeiten auf, so erklären sie Treffpunkte
außerhalb der 10. Wer nicht nachzielt erhält auch keine
Anhaltspunkte zur Erklärung seiner "unerklärlichen Schüsse".
3.) Weitere Aufschlüsse
erhält der Schütze, wenn er das Zielbild nach dem Schuss
wahrgenommen hat. Das Korn muß genau dorthin zurückkommen, wo
es bei der Schußabgabe gestanden hat. Abweichungen deuten auf
Fehler bei der Schußabgabe oder auf Mängel der Stabilität des
Anschlages hin. Nur wer nachzielt kann diese Fehler entdecken
und versuchen sie abzustellen.
"Ich habe doch auch ohne Nachzielen ganz gut geschossen"
ist oft die Antwort
auf einen gutgemeinten Hinweis. Klar gelingt dies, solange
keine gravierenden Fehler gemacht werden. Erst wenn Fehler
wirksam werden, aber unerkannt bleiben, nimmt das Übel seinen
Lauf. Der Schütze erkennt seine(n) Fehler nicht, und kann ihn
(sie) demnach auch nicht bewußt
abstellen. Er muß darauf hoffen, es beim nächsten Mal zufällig
besser zu machen.
Nachzielen ist also eine
notwendige Voraussetzung für das Erkennen von Fehlern.
Das Training des Nachzielens
Nachzielen muß im
Training genauso automatisiert werden, wie andere technische
Elemente des Schießens. Meist fällt es jedoch besonders
schwer, weil jahrelang nicht nachgezielt wurde und Umlernen
bekanntlich schwieriger ist, als etwas Neues zu lernen.
Deshalb sollte das
Nachzielen gleich von Anfang an eingeübt werden. Für
diejenigen, die sich dabei ertappen, wie sie bei der
Schußabgabe die Augen schließen, oder frühzeitig die Waffe
absetzen sei hier ein Trainingsprogramm empfohlen. Für das
Training und auch zum Testen ob ein Schütze nachzielt, sollte
der Schütze sein Zielbild bzw. die Mündungsbewegung in den 1-2
Sekunden nach dem Schuß aufzeichnen.
Trainingsprogramm Nachzielen
a) Voraussetzungen
- Du mußt von der
Notwendigkeit des Nachhaltens überzeugt sein.
- Vorsatz: Von jetzt
ab ziele ich jeden Schuß konsequent nach.
Um beim scharfen
Schuß Lidreflexe zu vermeiden muß der Abstand Auge
- Diopter ausreichend sein
und es müssen
Ohrenstöpsel getragen werden.
b) Nachzielen im
Trockentraining (Abziehen mit leerer Hülse)
- Im dunklen Raum mit
Konzentration auf konstante Muskelspannung.
- auf eine weiße
Scheibe.
- auf einen schwarzen
Spiegel. Bei jedem Trockenschuß muß das Zielbild bis
mindestens 1 Sekunde nach dem Abziehen erfaßt werden. Was
macht das Korn beim Abziehen?
c) Nachzielen im scharfen
Training:
- auf eine weiße
Scheibe. Innerer Anschlag über die Schußabgabe hinaus aufrecht
erhalten.
- auf eine schwarze
Scheibe. Jeweils Beobachtungsaufgaben stellen.
- Mündungsbewegung bei
der Schußabgabe auf ein Blatt aufzeichnen.
- Position des
Ringkornes nach dem Schuß bzw. Springen der Waffe
aufzeichnen.z.B. 20 Schuß LG- dort wo das Korn
zur Ruhe kommt, wird auf einer nebenliegenden LG-Scheibe eine
Kugel gesetzt. Stehen Treffpunkt u.
Landepunkt
im Zusammenhang? KK: wo kommt das Korn wieder zur Ruhe?
d) Nachzielen unter
psychischer Belastung
- in einer 10er Serie
im Training; bei Wettkampfübungen
- bei einer
Leistungskontrolle Schwerpunkt Nachzielen
- bei steigender
Bedeutung der Wettkämpfe mit dem Ziel unter großer Belastung
automatisch nachzuzielen
e) Nachzielen im Wettkampf
Im Eifer des
Wettkampfes wird das Nachzielen von vielen Schützen oftmals
vernachlässigt. Vor allem die Bewegung der Laufmündung beim
Abziehen wird nicht bewußt wahrgenommen und analytisch
verarbeitet, weil der erzielte Schußwert viel interessanter
ist.
Das Nachzielen im
Wettkampf läßt sich am besten dadurch trainieren, daß es unter
steigender psychischer Belastung zunächst ganz bewußt beachtet
wird, um es in der Zielform im großen Wettkampf automatisch
durchzuführen.
f) Mentales Training für
das Nachzielen
- (LG) Ich spüre wie
sich der Schuß löst, meine Muskelverspannung unverändert
bleibt und sehe, wie die Waffe beim Abziehen in ihrer
vorherigen Bewegungsstruktur verbleibt.
-(KK) Ich spüre, wie
sich der Schuß löst, die freiwerdende Kraft auf meinen Körper
wirkt und meine Muskelspannung unverändert bleibt, und sehe,
daß das Korn kurz, gradlinig und senkrecht nach oben springt
und stabil in die Ursprungstellung zurückkehrt.
g.) Dieses Experiment zum
Nachzielen ist für Schützen geeignet, die das Nachzielen
bereits beherrschen. Folgendes wird nach jedem Schuß vor
dessen Beobachtung aufgezeichnet:
- Haltepunkt beim
Abziehen
- Springen der Waffe
- Haltepunkt nach
Beruhigen der Waffe
Frage: Wer zeigt
genauere Übereinstimmung mit dem Treffpunkt?
- Der
Haltepunkt beim Abziehen
oder
Der
Haltepunkt nach Beruhigen der Waffe
h.) "Friesisches Roulette"
Der Schütze
weiß nicht, ob er eine "scharfe" oder "entschärfte" Patrone
geladen hat. Der Trainer beobachtet die Körperreaktion beim
Abziehen mit der "entschärften" Patrone
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